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Interview mit Michael Schrittwieser – hier gibt`s die News aus dem Bullenstall


Der Start in die neue Saison verlief ja bis jetzt nicht unbedingt so, wie man sich das bei den Kapfenberg Bulls vorgestellt hatte – im Interview mit Sportdirektor Michael Schrittwieser wollen wir mal erfahren was das für Auswirkungen hat und wie es weitergehen soll…

Q: Sieglos Anfang November – wann hat es das bei den Bulls zuletzt gegeben?

A: „Noch gar nie, da kann man auch nichts beschönigen, das ist nicht unser Anspruch. So kann es auch nicht weitergehen, das ist auch klar. Wir haben keineswegs vor unsere Ambitionen den momentanen Leistungen – oder besser gesagt den Leistungen der letzten Wochen anzupassen!“

 

Q: Was bedeutet das – gibt’s Konsequenzen, und falls ja – welche sind das?

A: „Konsequenzen muss es immer geben, wenn es nicht nach Wunsch läuft – das ist keine Frage – man kann ja nicht gleich weitermachen und andere Ergebnisse erwarten. Das wäre dann nämlich nach Einstein die Definition von Wahnsinn. Also analysieren wir momentan exakt die Situation, um dann gemeinsam unsere Schlüsse zu ziehen – man kann uns zutrauen, dass wir das ordentlich angehen. Wir sind keineswegs bereit unsere Ansprüche und Ziele zu revidieren.“

 

Q: Na ja – das klingt jetzt schön, aber was bedeutet das?

A: „Das bedeutet, dass wir keineswegs bereit sind den üblichen Reflexen des Sportbusiness zu folgen und gleich einmal vorab unseren Coach zu hinterfragen – das wäre das Einfachste. Auch er und sein Team stehen natürlich voll in der Verantwortung, auch hier analysieren wir ob und wenn ja was wir verändern können. Aber das passiert in Kooperation mit den beteiligten Personen und nicht hinter deren Rücken. Erfolg ist ein Puzzle, ein Mosaik mit vielen Steinen – jetzt schauen wir viele einzelne Steinchen an – und dann werden wir gemeinsam entscheiden was zu tun ist. Mike hat ja nicht alleine entschieden welche Spieler wir holen, das passiert ja immer im Team. Wir schauen uns verschiedene Bereiche an – wie ist die physische Verfassung jedes Einzelnen, wie schaut die Teamchemie aus, sind alle Positionen (in Abhängigkeit unserer budgetären Möglichkeiten) ordentlich besetzt, wie ist der Mitbewerb aufgestellt, wie wirkt sich unsere allgemeine Situation auf das Team aus!“

 

Q: Die allgemeine Situation aufs Team – was soll das heißen?

A: „Wir sind gerade in der finalen Phase unseres Bulls Home – da entsteht ein „Lifetime Projekt“ für unsere Bulls Family – das hat ganz viel Ressourcen gekostet, in einer ohnehin personell angespannten Situation. Das geht an keiner Organisation spurlos vorbei – wennd er Fokus dann ein bissl shiftet ist das nicht verwunderlich. Aber das haben wir nicht nur gewusst, sondern auch in Kauf genommen – unser Bulls.Home wird uns auch wirtschaftlich neue Möglichkeiten geben in den kommenden Jahren. Anfang Dezember sind wir fertig und dann haben wir wieder mehr Ressourcen für den Sportbereich. Dazu haben wir mit dem Future Team Steiermark ein weiteres Projekt auf Schiene gebracht – das kostet Energie und ebenfalls eine Menge Ressourcen, ist aber ebenfalls auf Sicht eine tolle Sache!“

 

Q: Wie kann man das verstehen?
A: „Genau diese Plattform fehlt uns seit 20 Jahren – eine Möglichkeit für die Spieler aus der Akademie den nächsten Schritt Richtung Profisport zu setzen. Sie können sich jetzt mit fertigen Spielern in der zweiten Liga matchen – das ist nicht vergleichbar mit Nachwuchsbasketball – die guten Teams der zweiten Liga spielen fast ausschließlich mit erfahrenen Legionären in Schlüsselpositionen. Da sind die jungen Spieler unserer Bulls und aus Graz voll gefordert. Das ist keineswegs einfach das alles unter einen Hut zu bringen – weder für die Spieler noch für die involvierten Clubs, und schon gar nicht für die verantwortlichen Coaches. Es gibt hier viele Einzelinteressen – verständlich – über allem steht aber die individuelle Entwicklung der Talente. Trotzdem müssen die Interessen der beteiligten Clubs gut ausgewogen und balanciert werden. Wir sind sehr zufrieden, auch hier gilt es aber natürlich täglich daran zu arbeiten, zu korrigieren und navigieren. Man führt auch keine zusätzliche zweite Bundesligamannschaft aus der Hosentasche!“

 

Q: OK – verstanden – aber zurück zum ersten Team – ohne Gewinnen wird’s schwer?!

A: „Ja – das ist korrekt und auch nicht der Plan. Wir wollen aber schon genau hinschauen! Wie ist die Entwicklung – wir haben nach einer passablen Vorbereitung gegen ausschließlich internationale Gegner einen ganz schlechten Start gehabt. Die Quali in die Champions League war noch ok, dann ging`s bergab. Die Niederlage gegen Klosterneuburg, nachdem wir dominiert haben, war inakzeptabel, ebenso die deutliche Niederlage in Oberwart – das war zu wenig, und wir haben Intensität und den Willen vermisst, das wurde deutlich angesprochen. Ebenso die deutliche Heimniederlage gegen Bayreuth, das war nicht gut genug. Zuletzt haben wir aber deutlich besser agiert, das Cupspiel gegen die Vienna war schon sehr ok, da waren wir mehr als drei Viertel auf Augenhöhe, in London war es fast ident – da haben wir gegen den Tabellenführer im FIBA Europe Cup ebenfalls 35 Minuten um den Sieg gekämpft und das letzte Spiel gegen Groningen ging in die Overtime. Und das ohne Justin Briggs, solche Ausfälle können wir halt momentan nicht kompensieren. Wir wollen nichts beschönigen, aber wenn wir gegen Groningen einen Fehler weniger machen und gegen die Superliga Teams so spielen wie international, dann würden wir dieses Gespräch jetzt wohl nicht führen?!“

 

Q: Hätt i – tät i, das ist aber nicht die Bulls Philosophie?!

A: „Stimmt – wir wollen nur ein gesamtes Bild zeichnen, bevor wir voreilig Schlüsse ziehen, That’s it – natürlich sind wir am Arbeiten, um Dinge zu verändern. Wir überprüfen jetzt in der Nationalteampause noch einmal die physische Komponente mit einer Leistungsdiagnostik, schauen uns die nächsten 3 Spiele noch an und dann entscheiden wir wo was zu tun ist. Unsere Fans und Partner können sich darauf einstellen, dass wir am Ende wieder um den Titel ein gewichtiges Wort mitreden wollen!“

 

Q: Bei der momentanen Form in der sich Vienna präsentiert scheint das aber sehr optimistisch?

A: „Schaun wir einmal – es ist ja nicht immer alles Gold was glänzt. Wir haben schon viel erlebt in den letzten 30 Jahren des österreichischen Basketballs. Wir werden bereit sein und können die Situation gut einschätzen – haben unsere Schlüsse bereits gezogen, und ziehen unser Ding durch, um dort zu stehen, wo wir hingehören. Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit und wir konzentrieren uns auf unsere Organisation.“

 

Q: Fakten bitte – was ist zu erwarten?

A: „Aus dem Future Team ist die Erwartung, dass jetzt Miro Zapf (nach Ableistung seines Grundwehrdienstes) und David Vötsch (nach seiner Verletzung) step by step den Weg in die Rotation finden. Unsere Erwartung ist, dass wir dann kompakt und tief genug werden, um gut wettbewerbsfähig zu sein. Elias Podany hat ja diesen Schritt bereits geschafft. Parallel sind wir natürlich am Denken, Planen und Konzipieren was die wichtigste Position im Basketball betrifft – es ist ja kein Geheimnis, dass unsere Spielmacherrolle seit geraumer Zeit (noch) nicht so besetzt ist wie man es für ein Spitzenteam braucht. Es ist sehr herausfordernd mit unseren budgetären Möglichkeiten einen aussergwöhnlichen point guard zu finden – unser Präsident Gernot Mach hat allerdings schön grünes Licht gegeben und ist gesprächsbereit, wenn wir genau wissen, was wir wollen. Wir zeihen da alle an einem Strang, unser Wirtschaftsbeirat ist immer gut involviert.“

 

Q: Inwieweit ist die Corona Situation jetzt noch ein Thema?

A: „Das ist natürlich immer noch präsent, unser gesamtes Team ist durchgeimpft, die Liga behält zusätzlich die PCR Tests bei – wir tun was zu tun ist, aber es ist ermüdend! Wir kämpfen weiter mit und in dieser herausfordernden Situation – haben zeitgleich einen Riesenzuspruch im Nachwuchs und für unsere Projekte. Das kostet und gibt uns Kraft – klingt komisch, ist aber so!“

 

Danke für das informative und offene Gespräch.